Führe Rituale ein, haben sie gesagt. Jedes Kind kann schlafen, haben sie gesagt ... Ich kann für uns sprechen, wir erfunden und erfinden uns immer wieder neu bzw. die Abendroutine. Stetig passen wir sie an die Umstände und die Kinder an und verzeichnen mal mehr und mal weniger Erfolg.
Aktuell läuft es wie folgt: Mit dem Abendessen kehrt schon mal kurzzeitig Ruhe bei uns ein. In der Regel sind wir zu fünft und neben der Nahrungsaufnahme erfolgt auch ein reger Austausch. Da die Jungs meistens vor uns die Mahlzeit beenden und wir einfach noch kurz sitzen bleiben, spielen sie noch etwas oben. Erst klappt dies ungewöhnlich friedlich, bevor es irgendwann immer eskaliert. Entweder verbal oder es endet in einer Schlägerei mit folgendem Geschrei. Dann heißt es: Schlafanzug anziehen. Und dabei ist der Mittlere äußerst kreativ. Entweder stolpert er in seinem Zimmer über ein Spielzeug, welches dann auch sofort bespielt werden muss oder er veranstaltet einfach eine Zirkusveranstaltung mit seiner Akrobatikeinheit. Da kann man froh sein, wenn nach all dem Geturne irgendein Kleidungsstück richtig sitzt. Die nächste Challenge ist das Zähneputzen. Das machen unsere Jungs ziemlich gut mit. Da wird auch nicht diskutiert, Mama oder Papa schrubben gründlich, damit Karius und Baktus keine Chance haben. Nach Laune von Kerlchen, der um diese Uhrzeit meistens auf meinem Arm weilt, wird noch eine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen. Danach schlüpft jeder in sein Bett in den getrennten Zimmern und es wird gebetet. Krümel muss man nun versichern, dass man nach einer von ihm gewählten Anzahl von Minuten wieder vorbeischaut. Bis dahin versucht er einzuschlafen oder guckt erst noch Bücher an. Knopf hingegen legt Wert auf ein geordnetes Bett. Hierzu müssen seine mittlerweile drei Kopfkissen ordentlich drapiert werden und wichtige Kuscheltiere sorgfältig geordnet. Es folgt das Zudecken und ein Kuss von mir auf seine Wange, ein Kuss von ihm auf meine Wange und natürlich muss auch Kerlchen noch liebkost werden. Während ich mit Kerlchen im Wohnzimmer bin, beginnt oben erneut das große Gerenne. Jeder muss mindestens einmal Pippi machen, dann noch mal trinken oder ein anderes Buch aussuchen. Schon erklingt ein "Mama". Mal von Knopf, um ihn erneut zuzudecken, oder weil er unbedingt noch etwas vom Kindergarten erzählen möchte. Oder eben von Krümel, um zu erfragen, wann die besagten Minuten verstrichen sind. Aber Treppenlaufen hält mich fit. Ach ja, und dann gibt es ja noch Kerlchen, der getragen und gestillt werden will und irgendwann dann auch mal mit mir ins Bett geht und schläft.
0 Comments
Nun sind wir wieder im Alltag. Bedeutet bei uns konkret, dass der Mann wieder arbeitet und weniger verfügbar ist, die großen Jungs in den Kindergarten gehen und ich versuche mit dem Kerlchen den Haushalt zu schmeißen. So die Theorie. Praktisch heißt es für mich morgens das gemütliche Bett frühzeitig zu verlassen, obwohl Kerlchen gerade dann nochmal schläft. Und dann drei Kinder soweit fertig zu bekommen, dass sie bereit sind das Haus zu verlassen und das auch optisch keine Zumutung für die Außenwelt ist. Nebenbei muss auch das Brotdosenmanagement reibungslos laufen, damit die hungrigen Mäuler gestopft werden können. Und dann heißt es Abfahrt. Im Kindergarten wird häufig noch eine kleine Stillpause eingelegt und Kerlchen schläft auf dem Rückweg ein. Zuhause klappt tatsächlich der Transfer in die Federwiege und es folgt ein ruhiges Frühstück inklusive Bibellesen für mich. In der Wachphase von Kerlchen räume ich hier und da ein wenig bevor es für ihn ins Tragetuch geht und ich eine Runde mit dem Staubsauger drehe. Dann ruft der übliche Haushalt jeden Tag was anderes und Extraaufgaben kommen schneller dazu, als sie abgearbeitet werden können.
Mittags kommen die Jungs zurück und ich versuche ein Mittagessen zu zaubern. Dann wird gespielt oder es wartet eine Verabredung. Irgendwann in dieser Zeit erscheint auch der Papa wieder Zuhause, so dass ein gemeinsames Abendessen möglich ist. Schon folgt die Abendroutine aber dazu vielleicht ein anderes Mal mehr. Die Großen schlafen auf jeden Fall irgendwann während Kerlchen noch ein paar Stunden die volle Aufmerksamkeit einfordert. Bis ich irgendwann mit ihm zusammen das Bett aufsuche und dort mit einigen Stillunterbrechungen ruhe bis alles von vorne losgeht. Unser Kleinster ist leider gerade in der Phase, die uns schnell zum Rennen bringt. Erklingt ein kleines „Herbstgewitter“ (wie mein Schwiegervater zu sagen pflegt) aus der Windel, dann heißt es: Nimm das Kind und sprinte zum Wickeltisch. Dort angekommen stelle ich fest, dass selbst Usain Bolt zu langsam gewesen wäre um ein Umkleiden des Kindes zu verhindern. Aber ichbin schon dankbar, wenn nur der Body in die Wäsche muss, obwohl dann trotzdem das Kind komplett ausgezogen werden muss. Passiert es nur einmal am Tag ist dies auch ein Grund zur Freude. Soweit läuft der Alltag gut und dann ist nach drei Tagen Schluss, da Knopf mit Husten zuhause bleibt. Wie unnötig ausgerechnet an dem Tag, an dem ich mit Kerlchen zum Kinderarzt muss. Nun komme ich zum Piks, der kam in Form der ersten Impfung auf Kerlchen zu. Zwei Pikser um genau zu sein. Ein Phänomen: Die Nadel durchsticht die Haut und man kann dabei zusehen, wie die Gesichtsfarbe an Röte gewinnt und kurz darauf folgt der Schrei. Bei Kerlchen kommt alle Wut heraus, so habe ich ihn noch nicht gehört. An dem Tag leidet er sehr, wenngleich eine Impfreaktion ausbleibt. Und ich leide mit. Es ist so ein herzergreifendes Leiden, wie ich es nicht von den Brüdern kenne. Also kuscheln wir viel und ich versuche nicht einmal ihn abzulegen. Die Nacht ist sehr ruhig und er schläft gut und am nächsten Tag ist er wieder der Alte und ein neuer Versuch startet, etwas Alltag zu leben, obwohl das Wochenende ja meistens eh eine Ausnahme ist. Wir durften in dieses Jahr noch mit den Ferien starten. Auch wenn wir noch kein Schulkind haben, so spielen durch den Papa als Lehrer die Ferien jetzt schon eine große Rolle. Folglich hatten wir viel Familienzeit, wenngleich der Papa schon etwas Unterricht vorbereiten und Klassenarbeiten kontrollieren musste. Wir unternehmen viele Spaziergänge, da unser Kerlchen ganz gerne im Kinderwagen schläft und wir alle so ordentlich frische Luft bekommen. Meistens enden diese Runden in einem Fußballspiel auf der Auffahrt mit allen verfügbaren Familienmitgliedern und gerne auch den Nachbarn. Entweder schläft Kerlchen noch, oder er ist auf dem Arm und ich spiele dann etwas ruhiger. Fast jeder kommentiert das damit, dass man daran merkt, dass es das dritte Kind ist, da man sowas mit dem ersten sicherlich nicht gemacht hätte. Vermutlich haben sie recht. Beim ersten Sohn wurde ich aber auch nicht ständig gefragt, ob ich mit Fußball spielen möchte ;-) Es sind einfach andere Umstände, wenn schon Kinder im Haus sind, aber ich merke auch, dass ich schon lockerer geworden bin. Schmieden wir Pläne geht es meistens nicht vorrangig um das Baby, sondern es wird danach überlegt, ob es mit Baby auch irgendwie geht.
Als Highlight noch in den Ferien sind wir in den Wildpark gefahren. Beim Frühstück beschlossen, haben wir es tatsächlich geschafft eine halbe Stunde später alle im Auto zu sitzen. Und wir haben auch nichts dabei vergessen. Kerlchen kam in den Kinderwagen und los ging das Tieregucken. Leider war es sehr regnerisch, obwohl die Wettervorhersage positiver ausgefallen war. Außer dem Kleinsten waren alle mit Regenjacken ausgestattet und daher war der Nieselregen, der es vorrangig war, auch erträglich. Schade allerdings, dass die Hängebauchschweine wegen der Schweinepest vorsorglich im Gehege bleiben mussten; die Bären Winterschlaf machen, ebenso die Schlangen Winterruhe und dann noch das Fledermaushaus gesperrt war, wegen der Coronaübertragung. Aber dennoch waren viele Tiere zu sehen und der Park recht leer. Einzig das Hantieren mit dem Regenverdeck des Kinderwagens war störend. Kerlchen wollte natürlich nicht permanent darin ruhen und war so zwischenzeitlich auf dem Arm oder im Tragetuch. Ob er die Tiere wahrgenommen hat, wage ich allerdings zu bezweifeln. Es war ein gelungener Tag, der im Tobeland einer Gärtnerei mit einem Stück Torte gekrönt wurde. Wie wertvoll, dass wir uns so einen Familientag genommen haben. Spontan haben wir mit den Nachbarn angegrillt und dabei das milde Wetter genossen. Gemütliches Beisammensein mit Würstchen und Salat und die Kinder spielen im Garten. Das klingt nicht nach Anfang Januar und dennoch war es schön. Man muss die Feste feiern wie sie fallen. Oder sich die Feste einfach so legen. Wie schön ist es, wenn man nicht immer alles von langer Hand planen muss sondern einfach ganz spontan noch für den selben Tag etwas ausmacht. Dann weiß man wenigstens, dass alle gesund sind und man den Termin nicht dauernd verschieben muss. Aus der Gemütlichkeit des Abends kam dann das große Chaos am nächsten Tag. Da unser größter Bub nachts sehr schlecht schläft und oft mit Ängsten zu kämpfen hat, waren unsere vorigen Nächte sehr unruhig. Mitten in der Nacht in der wiederkehrenden Diskussion zwischen Papa und Sohn, kündigte der Vater Umbaumaßnahmen an. Demnach wurde am folgenden Morgen unser Ehebett weitesgehend demontiert und in das Zimmer von Krümel geschafft. Und einige Spielsachen mit einem Regal in das ehemalige Schlafzimmer geräumt. Nun ruhen wir des nachts in einem 16qm großen Raum. Immer zu viert und manchmal zu fünft. Ein ganz neues Gefühl für uns, wo unser Schlafzimmer in den letzten Jahren immer maximal 9qm maß. Mal sehen, ob wir irgendwann einem Rücktausch zustimmen ;-) Solche Veränderungen animieren immerhin zum Ausmisten und es fühlt sich ganz neu an und dass mit vergleichsweise geringem Aufwand. Ich bin gespannt wann der nächste Umzug innerhalb des Hauses ansteht. Der Jahreswechsel steht an und schon kommt die Frage nach Vorsätzen auf. Möchte ich mir etwas vornehmen? Ist es realistisch etwas einzuhalten? Dennoch probiere ich gerne nochmal etwas Disziplin einzupflegen. Im Haushalt und beim Sport. Also starte ich nun langsam mit der Rückbildung. Kerlchen verschwendet noch keine Gedanken an Vorsätze, obwohl ich durchaus ein paar Vorschläge hätte.
Ich habe nun schonmal häufiger freie Hände, da Kerlchen mittlerweile das Tragetuch ganz gut findet. Jetzt kann ich länger tragen, ohne Schmerzen oder folgenden Muskelkater. Nun schaffe ich mal den Abwasch oder das Aufräumen der Kinderzimmer und plötzlich klingt der Haushalt wieder machbar. Zumindest ohne Schübe, Krankheiten oder sonstigen Zwischenfällen. Kerlchen schläft prächtig im Tuch. Das Einschlafen klappt am besten beim Staubsaugen gefolgt von anderen laufenden Tätigkeiten. Etwas unpraktisch ist das Hantieren mit dem meterlangen Stoff ab und zu schon, aber für eine Trage ist er einfach noch zu klein. Da versinkt er förmlich drin. Obwohl er schon über 6kg wiegt und die nächste Kleidergröße trägt. Jetzt musste ich auch schon auf die nächste Schlafsackgröße umsteigen, da er sonst keine Beinfreiheit mehr hätte. Das winzig kleine Neugeborene ist er definitiv nicht mehr. Ich freue mich über Fortschritte, aber etwas Wehmut schwingt dennoch mit. Brandneu sind Zeiten unter dem Spielebogen. Bei guter Laune verweilt er dort auch einige Minuten. Zwischendurch klingelt er auch tatsächlich selbst durch seine noch unkoordinierten Handbewegungen. Ansonsten sind gerne die großen Brüder zur Stelle, um (wenn auch etwas doll) den Spielebogen ausgiebig zu testen. Kerlchen gibt dabei schon sehr goldige Laute von sich. Ich liebe dieses zarte Stimmchen ganz ohne Geschrei Ganz langsam kommen auch richtige Reaktionen auf uns. Dann erblickt er jemanden und lächelt zuckersüß. Immer bewusster nimmt er sein Gegenüber wahr oder die Gestik und Mimik. Auch manche Geräusche entlocken ihm hin und wieder ein Schmunzeln. Genau zur richtigen Zeit hat er mit dem richtigen Lächeln angefangen, denn so goldig er dann ist, wickelt er mich um seinen Minifinger. Und wieder trage ich ihn voller Liebe und ertrage schlaflose Nächte und Muskelkater. Nicht nur mich hat er im Griff. Die großen Brüder sind ebenso bei jedem Lächeln verzückt und interpretieren in jeden Laut von Kerlchen irgendwelche Wörter. Was Kerlchen demnach schon alles sagen kann ist phänomenal. Wie froh bin ich, dass der Kleinste schon jetzt so sehr geliebt wird. Jeder will mit ihm spielen oder aufpassen. Aber alleine lassen ich sie lieber nicht. Das Hochheben habe ich schon streng verboten, doch als ich kurz die Mülltonne rausstellen musste, hielt der fast Vierjährige unserem Kerlchen kurz die Nase zu. Das war schonmal ein Vorgeschmack, dass der Kleinste trotz aller Liebe vermutlich noch einiges einstecken muss. So wie ich früher als Drittgeborene. |
Autorin
Friederike -34- Archiv
October 2023
Kategorien
All
|